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Polarimetrisches Radar

Inhaltsverzeichnis
« Polarimetrisches Radar »
  1. Blockschaltbild
  2. Betriebsarten mit dualer Polarisation
  3. Polarimetrische Radarprodukte

Bild 1: Stilisiertes Messverfahren des Polarimetrischen Radars

Bild 1: Stilisiertes Messverfahren des Polarimetrischen Radars

Stilisiertes Messverfahren des Polarimetrischen Radars, 
© 2015 Christian Wolff www.radartutorial.eu

Bild 1: Stilisiertes Messverfahren des Polarimetrischen Radars

Bild 2: Ein fallender Regentropfen verdrängt die Luft. An seinen Seiten werden die Strömungslinien verdichtet und es entsteht (ähnlich wie beim Auftrieb an einem Flugzeugflügel) eine Zugkraft. Diese zieht den Tropfen auseinander. Je größer der Tropfen, um so stärker diese Verdichtung und umso stärker diese Kraft.

Bild 2: Ein fallender Regentropfen verdrängt die Luft. An seinen Seiten werden die Strömungslinien verdichtet und es entsteht (ähnlich wie beim Auftrieb an einem Flugzeugflügel) eine Zugkraft. Diese zieht den Tropfen auseinander. Je größer der Tropfen, um so stärker diese Verdichtung und umso stärker diese Kraft.

Polarimetrisches Radar

Die Verwendung von zweifacher Polarisation ist eine Möglichkeit der Unterscheidung von Hagel und Regentropfen. Das Radargerät sendet und empfängt linear polarisierte HF- Signale und schaltet rasch zwischen horizontaler und vertikaler Polarisation um, entweder alternierend zwischen einzelnen Sendeimpulsen oder zwischen Impulsgruppen. Moderne polarimetrische Radargeräte senden meist beide Polarisationsrichtungen gleichzeitig.

Blockschaltbild eines Polarimetrischen Radars

Bei diesem Beispiel eines polarimetrischen Radars wird die Sendeenergie durch ein −3dB-Koppler in zwei Leistungen geteilt, die dann mit unterschiedlicher Polarisation gleichzeitig über einen bipolaren Hornstrahler gesendet werden.

Bild 3: Blockschaltbild eines Polarimetrischen Radars

Bild 3: Blockschaltbild eines Polarimetrischen Radars

Bild 3: Blockschaltbild eines Polarimetrischen Radars
(interaktives Bild)

Durch einen Umschalter kann für Reflektivitätsmessungen auch nur in einer Polarisationsebene (dann aber eben mit der doppelten Leistung) gesendet werden. Auch in diesem Fall wird aber in beiden Polarisationsebenen empfangen und beide Signale im Signalprozessor ausgewertet.

Das ist sehr zweckmäßig, da sich bei einer Durchdringung eines Regengebietes und nachfolgende Reflexion auch die Polarisierungsausrichtung der elektromagnetischen Wellen verschieben kann. Das ist dann eine zusätzliche Information über Größe und Form der Hydrometeore.

Beschreibung der Baugruppen im Blockschaltbild
Betriebsarten mit dualer Polarisation

Senden und Empfangen mit unterschiedlicher Polarisation kann entweder gleichzeitig (simultan) oder abwechselnd (alternativ) von Pulsperiode zu Pulsperiode erfolgen. Das hängt davon ab, ob man die Sendeleistung auf zwei Kanäle aufteilen möchte und ob zwei unabhängige Empfangskanäle verfügbar sind. Es sind somit generell vier Betriebsarten mit dualer Polarisation möglich:

  • simultan Senden und Empfangen (Simultaneous Transmit Simultaneous Receive, STSR);
  • simultan Senden und abwechselnd Empfangen (Simultaneous Transmit Alternating Receive, STAR);
  • abwechselnd Senden und simultan Empfangen (Alternating Transmit Simultaneous Receive, ATSR);
  • abwechselnd Senden und Empfangen (Alternating Transmit Alternating Receive, ATAR).

Praktisch hat sich aber das gleichzeitige Senden und Empfangen durchgesetzt, weil die hardwaremäßigen Voraussetzungen (doppelte Sendeleistung und zwei unabhängige Empfänger) sehr einfach zu realisieren sind und demgegenüber die Zeitersparnis durch die gleichzeitige Verarbeitung vorteilhaft ist. Manchmal werden von den Herstellern der Radargeräte deshalb die simultanen Moden zu der Bezeichnung

  • Simultaneous Transmit And Receive (STAR)

nur noch zusammengefasst genannt. Eine abwechselnde Nutzung unterschiedlicher Polarisation ist wegen des vervielfachten Zeitaufwands eher bedeutungslos geworden. Trotzdem wird von manchem Hersteller dafür ein spezieller Marketing-Begriff verwendet: Quad-Pol steht für die Fähigkeit eines Radars, alle vier Betriebsarten der dualen Polarisation durchzuführen.

Bild 4: Je größer die Regentropfen, desto abgeplatteter ist ihre Form

Bild 4: Je größer die Regentropfen, desto abgeplatteter ist ihre Form, desto größer ist auch ZDR

Polarimetrische Radarprodukte

Die visuelle Darstellung von Messergebnissen werden Radarprodukte genannt.

Differentielle Reflektivität (ZDR)

Die zwei Empfangssignale werden ZH und ZV genannt und von diesen wird die differentielle Reflektivität ZDR berechnet. In einem mittleren bis starkem Regen sind die Regentropfen groß und verflachen während ihres freien Falls und bilden somit abgeplattete Sphäroide. Dieses wiederum ist die Ursache für ein stärkeres Echo bei einer horizontalen Polarisation.

Formel für die differentielle Reflektivität

Die Dielektrizitätskonstante von festem Eis beträgt nur etwa 20% von der des Wassers und die Partikelform hat deshalb beim Hagel eine viel kleinere Wirkung als beim Regen. Hagelkörner taumeln beim Fallen, so dass ZDR klein sein wird. Hagel wird also durch einen hohen ZH und niedrigen ZDR- Wert identifiziert. Sollten sogar lineare ZDR- Werte kleiner als eins auftreten (oder mit einem negativen Dezibel- Wert), ist das ein typisches Zeichen für Hagelkörner. (Nur diese können schließlich auch „hochkant“ herunterfallen!)

Mit einem polarimetrischen Radar kann bis zu einem gewissen Grad sehr wohl die Größe der Wassertropfen gemessen werden. Beim Fallen flachen die Hydrometeore etwas ab. Das Verhältnis von Höhe und Breite ist bei Hydrometeoren geringfügig größenabhängig. Wichtiger ist jedoch die Größe der Reflektivität. Ab einer bestimmten Wassermenge pro Kubikmeter müssen die Wassertropfen eben eine bestimmte Größe haben. Wenn dann dazu auch die differenzielle Reflektivität passt, dann ist das Ergebnis aussagekräftig.

Lineares Depolarisationsverhältnis (LDR)

Bei der horizontal polarisierten Ausstrahlung der Sendeenergie wird der Empfänger des vertikal polarisierten Kanals nicht abgeschaltet und empfängt den Anteil der horizontal polarisierten Strahlung, der in die vertikale Ebene gedreht (depolarisiert) wurde. Das logarithmische Verhältnis der Reflektivität bei horizontaler Abstrahlung und vertikal polarisiertem Empfang zu derjenigen bei rein horizontal polarisiertem Senden und Empfang wird Lineares Depolarisationsverhältnis (LDR) genannt.

Bei sphärischen Teilchen wird LDR theoretisch gegen –∞ gehen, praktisch jedoch nur Werte bis zu – 40 dB erreichen.

Leider kann bisher kein mir bekanntes polarimetrisches Radar direkt eine Hagelkorngröße messen. Es kann nur aus der differenziellen Reflektivität ZDR sowie aus den messbaren Phasendifferenzen zwischen dem horizontal und dem vertikal polarisiertem Empfangssignal feststellen, dass es Hagel ist. Aus dem Vergleich der bisher mit genau diesem Radar gemessenen Reflektivitäten und den bisher gemachten Erfahrungen über dann real gefallene Niederschlagsarten und -mengen kann höchstens die Niederschlagsmenge relativ sicher bestimmt werden, und: dass es sich bei einem bestimmten ZDR um Hagel handelt! Ob es dann viele kleine oder wenige große Hagelkörner sind, kann das Radar so direkt nicht messen.

Differentielle Phase (φDP)

Die differentielle Phasenverschiebung oder kurz: differentielle Phase φDP ist ein Maß für den Unterschied in der 2-Weg-Dämpfung für die horizontal und vertikal polarisierten Impulse in einem Impulsvolumen. Sie ist definiert als:

φDP = φHH − φVV

(2)

Wenn die horizontal und vertikal polarisierten Radarimpulse ein bestimmtes Ziel passieren, werden beide Impulse nicht nur gedämpft sondern sogar verlangsamt, wodurch sich die Phasenverschiebung jedes Impulses ändert. Innerhalb nicht-sphärischer Hydrometeore ist der Weg für die horizontal polarisierte Welle etwas länger als für den vertikale polarisierte Welle. Die differentielle Phase φDP zeigt den Unterschied in der Phasenlage zwischen dem horizontal und dem vertikal polarisierten Impuls. Dies bietet Informationen über die Form und Dichte von Radarzielen.

Die differentielle Phase φDP wird auch zur Unterscheidung zwischen nicht-meteorologischen und meteorologischen Echos verwendet. Für diesen Zweck wird die Wurzel der mittleren quadratischen Abweichung der differentiellen Phase berechnet. Große Abweichungen sind dann keine Volumenziele, sondern Punktziele.

Spezifische differentielle Phase (KDP)

Die Werte von φDP werden jedoch entlang eines jeden Radials, also innerhalb jeder Impulsperiode kumuliert, was die Interpretation schwierig macht. Deshalb wird eine spezifische differentielle Phase berechnet, welche die Änderung von φDP entlang des Ausbreitungsweges beschreibt. KDP kann auch als Gradient der Phase beschrieben werden:

(3)

Wie ZDR hängt auch KDP ab von der Partikelgröße der Hydrometeore sowie von deren Form und Orientierung. Es ist somit eine weitere wertvolle Größe, um Regentropfen von Hagel und Graupel zu unterscheiden.

Kopolare Kreuzkorrelation der Rückstreuung (ρHV)

Die kopolare Kreuzkorrelation der Rückstreuung ρHV ist eine statistische Korrelation zwischen den horizontal und vertikal polarisierten Echosignalen. Er ist ein Maß für die Vielfalt der Hydrometeorformen im jeweiligen Impulsvolumen und kann ein guter Indikator für Bereiche sein, in denen eine Mischung von Niederschlagsarten vorliegt, wie zum Beispiel aus Regen und Schnee.

Für die Berechnung werden die Mittelwerte der für das Impulsvolumen gemessenen Streuamplituden (SHH, SVV) aus zwei oder mehr Impulsperioden verwendet.
ρHV wird wie folgt berechnet:

(4)

(Der Ausdruck S*HH signalisiert das konjugiert komplexe Signal.)